Eine voyeuristische Phantasie artet aus 2.
Es fiel mir nicht leicht, mich zu beruhigen. Hey, Ramon hatte keine Ahnung, was wir getrieben hatten, zumindest dann nicht, wenn Paula dicht hielt. Und eigentlich hatte sie mehr zu verlieren als ich, wenn ich das richtig verstanden hatte. Also, cool down…
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Es gibt sie, die undenkbaren Zufälle. Situationen, die statistisch so absolut unwahrscheinlich sind, dass man ihre Existenz getrost ausschließen kann. Zumindest nach menschlichen Maßstäben, also innerhalb der kurzen Zeitfenster, die uns während unseres Lebens zur Verfügung stehen. Gerade als die Brennerlade aufsprang, läutete mein Telefon und ich hätte nicht auf das Display sehen müssen um zu wissen, wer das war. Unbekannter Teilnehmer. Der unbekannte Ramon.
‚Ja?’
‚Hallo Marc!’ Ich lehnte mich in meinem großen Stuhl zurück, fingerte die hundertste Zigarette aus der nie leer werdenden Packung. Ich zitterte! Bemüh dich, Marc, verrate dich nicht selbst, bleib ruhig!
‚Hallo… Ramon! Wie geht es Ihnen?’
‚Oh, Danke der Nachfrage! Aber das müssten Sie eigentlich ahnen können…’
Ich hatte ihn so noch nicht gehört. Ramon wirkte, als ob Paula vor ihm kniete und ihm einen blies, während er mit mir plauderte. Seine hypnotische Stimme vereinnahmte mich ganz, augenblicklich beruhigte ich mich, der kleine Schweißausbruch von vorhin ließ nach. Ich starrte in Paulas Gesicht auf dem Monitor vor mir und lachte leise in mich hinein, so als ob ich wüsste, was jetzt kommen sollte.
‚Naja, ich glaube fast, Sie sind zufrieden mit dem Ergebnis unseres letzten Shootings?’
‚Mehr als das, Marc! Ich habe mich also nicht getäuscht in Ihnen, Sie haben mir geliefert, was ich mir so sehnlich gewünscht habe.’
‚Tatsächlich?’
‚Tatsächlich! Und ehrlich gesagt sind Sie weit über das Ziel hinausgeschossen. Nicht dass ich Ihre Qualifikation je in Zweifel gezogen hätte, aber was Sie da mit Paula gemacht haben, grenzt an ein Wunder!’
Wow! Mein Kamm schwoll an, solches Lob war der echte Lohn eines Fotografen, nicht die Kohle. Meine Unsicherheit diesem Ramon gegenüber war wie weggeblasen.
‚Na, das freut mich aber sehr. Ganz ehrlich, ich kann all die Komplimente nur zurückgeben. Paula war großartig, ich habe keine Ahnung, wie Sie das gemacht haben…’
‚Was?’
‚Ihr Training! Vielleicht sollten Sie ins Modelbusiness einsteigen. Wenn es Ihnen gelingt, innerhalb von nicht einmal zwei Wochen aus einer grauen Maus den verbotenen Traum eines jeden Mannes zu machen, könnten Sie damit viel Geld verdienen.’
‚Denken Sie? Aber ich bin überzeugt, dass nicht jedes Model, auch nicht die bereitwilligsten, mit meinen Trainingsmethoden einverstanden wäre.’
‚Hm. Ich nehme an, Sie werden mir nicht erzählen wollen, was Sie damit im Einzelnen meinen?’
‚Nun, ich bin mir nicht sicher, ob Sie das wirklich hören wollen. Hat Paula denn nicht ohnehin geplaudert?’
‚Nein. Sie hat nur durchblicken lassen, dass sie sich Ihren Wünschen und Vorstellungen bedingungslos hingibt. Und dass Sie, was ihr Training betrifft, sehr… ähm, konsequent waren…’
Ein kurzes, dreckiges Lachen am anderen Ende der Leitung ließ mich wieder vorsichtiger werden.
‚Tja, Marc, Konsequenz ist nur ein Teil des Ganzen. Man muss heutzutage Härte zeigen, um das zu bekommen, was man möchte. Ich habe schon erwähnt, dass die gute Paula ein wenig leiden musste um so zu werden, wie Sie sie erlebt haben.’
‚Leiden? Meinen Sie etwa physisches Leiden? Sie werden sie doch nicht etwa mit Rohrstock und Peitsche so weit gebracht haben?’
‚Nein. Aber Sie haben recht, vielleicht möchte ich tatsächlich nichts über die Details ihrer Ausbildung sagen. Wichtig ist doch das Ergebnis…’
Ich tat, was ich bisher noch nie bewusst getan hatte und unterbrach Ramon.
‚Was haben Sie jetzt vor mit den Bildern? Lassen Sie Drucke anfertigen? Werde ich die fertigen Bilder irgendwann einmal sehen?’
‚Aber das tun Sie doch schon, wenn ich nicht irre?’
‚Was meinen Sie damit, Ramon?’
‚Eine Frage noch: wie viele Kameras haben Sie für die Aufnahmen eingesetzt?’
Ich fror ein. Etwas drückte mich in meinen Stuhl, als ob jemand ein riesiges Bleigewicht auf meine Oberschenkel gelegt hätte. Instinktiv sah ich mich in meiner kleinen Kammer um. Was zur Hölle sollte die Frage? Und warum war dieses Angstgefühl plötzlich wieder spürbar? Was für eine Macht war es, die der Typ auf mich ausübte?
‚Marc? Sind sie noch da?’
‚J-ja, ich bin noch… Was meinen Sie, wie viele Kameras ich…’
‚Marc! Die Frage war doch nicht so schwierig, oder?’
‚Nein, natürlich nicht! Aber…’
‚Wie – viele – Kameras, Marc?’
‚Eine! Eine Kamera! Im Studio habe ich ja genug Zeit, die Optiken zu wechseln!’
Ich zitterte am ganzen Körper. Alle Freundlichkeit war aus Ramons Stimme verschwunden, er flüsterte in mein Ohr und war dabei so präsent, als säße er in meinem Kopf.
‚Wie erklären Sie mir dann den Umstand, dass bei angenommener fortlaufender Nummerierung der Bilder einige fehlen?’
‚Wie… fehlen?’
ACH DU SCHEISSE! Mir wurde schwarz vor Augen, mein Herz stand still, ich stotterte wie ein Pennäler bei der mündlichen Prüfung. Was für ein entsetzlicher Fehler!
‚Nun, ihre Kamera nummeriert die Bilder offenbar fortlaufend, und deshalb ist für mich klar ersichtlich, dass da einige Bilder fehlen! Hatten wir nicht eine klare Abmachung diesbezüglich?’
‚Ich, ich habe… wahrscheinlich einige der Aufnahmen… gelöscht, und deshalb…’
‚MARC! Verarschen Sie mich nicht! Ihre Lage ist bereits schlimm genug! Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass ein Profi wie Sie Bilder am Set löscht, ohne die Dinger jemals auf einem Bildschirm gesehen zu haben? Und vor allem, nicht zwanzig, dreißig durchlaufende Bilder zugleich? Haben Sie nicht genügend Speicherkarten? Soll ich Ihnen welche besorgen?’
Ich brachte kein Wort hervor. All meine Kraft war nötig, um meinen Oberkörper so weit zu bewegen, dass ich an meine Zigaretten herankam.
‚Hören Sie, Marc! Tun Sie sich selbst einen Gefallen und bewegen Sie sich jetzt nicht! Widerstehen Sie dem Drang, nachzusehen, wer da gerade durch die Tür ihres Studios kommt! Der Mann, den ich Ihnen geschickt habe, mag hektische Bewegungen GAR nicht!’
Mann? Tür? Studio? MEINS? Tatsächlich. Bäng! Ich hörte nur einen lauten Knall, so, als ob Rübezahl einen riesigen Stein gegen die Studiotüre geworfen hätte. Ich erschrak so heftig, dass ich das Telefon fallen ließ. Ein lauter Schrei und ein neuerliches Knallen der Tür ließen mich zur Salzsäule erstarren. Erst nur ein Schatten, und dann…
‚NIMM DEINE VERSCHISSENEN HÄNDE HOCH, DU ELENDES SCHWEIN!!!“
‚Du bist tot, erledigt, Geschichte!’, schoss es mir durch den Kopf. Ich reagierte wie eine trainierte Maschine, riss die Arme hoch, die Kippe noch im Mund, der aufsteigende Rauch verätzte meine Augen, Tränen kullerten über mein Gesicht und mir wurde unendlich heiß. Ein Typ stand vor mir, ein Killer wie aus einem schlechten B-Movie, Pranken wie die von Marv aus ‚Sin City’ umklammerten eine riesige, silberne Kanone.
‚Wo ist das Telefon?’
‚Wa…?’
‚WO IST DAS SCHEISSTELEFON?!!!’
‚Da, da unten…’, lallte ich mehr als ich sprach und rollte meine Augen in die angegebene Richtung.
‚AUFHEBEN! NA LOS! UND LANGSAM!!!’
Die Knarre und die Hand dahinter hatten sich an mich herangeschoben, ich fühlte das kalte Metall an meiner Stirn und bewegte mich in Zeitlupe nach unten. Narben, überall in dem Gesicht, das mich gerade anschrie waren Narben. Der Typ war echt, so echt, dass ich mir eigentlich in die Hosen pissen sollte. Oder hatte ich das schon getan? Ramons Stimme kam von irgendwoher, ich suchte blind nach dem Telefon, meinen Blick starr auf das Gesicht und den Arm zwischen mir und ihm gerichtet.
‚O-okay, ich hab das Tele… fon…’
‚ZUHÖREN!’, brüllte der Riese und ich klemmte das Telefon zwischen Wange und Schulter, um wieder beide Hände heben zu können. Mein Gott, dachte ich bei mir, was für ein erbärmliches Bild du gerade abgibst!
‚… also provozieren Sie den Mann nicht!’, hörte ich Ramon jetzt sagen. ‚Tun Sie genau, was ich ihnen sage, dann geschieht Ihnen nicht allzu viel, haben Sie mich verstanden?’
‚Ja, hab ich. Ich tue nichts, was Sie mir nicht sagen, okay, aber ich glaube, dass mir das leichter fallen würde ohne Waffe an meiner Schläfe!’
‚Marc, ich bitte Sie! Mir liegt nichts an Ihrem Tod, aber Sie haben mich belogen! Das wagen nur sehr mutige Menschen, und mutige Menschen muss man manchmal eindringlich überzeugen, deshalb die Waffe. Sehen Sie, alles ganz einfach! Mein Mann wird ihnen jetzt eine DVD übergeben…’
Entweder hatte der Typ einen Empfänger implantiert und konnte unser Gespräch mithören oder sein Auftritt war perfekt choreographiert, jedenfalls zog seine freie Hand just in dem Moment die silberne Scheibe aus dem Sakko und hielt sie mir unter die Nase.
‚Sie werden die fehlenden Bilder auf diese DVD brennen und sie ihm dann zurückgeben. Und Vorsicht!, keine unnötigen Bewegungen. Tun sie nur das Nötigste!’
‚Okay, gut, ich fange an…’
Ich behielt meinen linken Arm in der Luft, die Pistole berührte immer noch meine Schläfe. Brennerlade auf, Rohling rein, Brennerlade zu.
‚Ich, ich werde jetzt die Maus benutzen.’, flüsterte ich den Typen zu, ‚Bitte tun Sie nichts unüberlegtes, ich verstehe, dass Sie wütend sein müssen, es war ein Fehler von mir, die Bilder zu behalten.’
Während ich das Brennprogramm startete, nahm ich Ramons Stimme wieder wahr. Er klang aufgeräumt, beinahe belustigt, was mich nur noch mehr irritierte.
‚Stimmt, Marc, das war ein Fehler. Aber vielleicht einer, den Sie wieder gut machen können. Warum haben Sie mir die Bilder nicht gleich gegeben? Was ist denn da so Schlimmes drauf zu sehen? Sie werden doch keinen Unsinn gemacht haben, Marc? Sind Sie meiner Paula zu nahe getreten?’
‚Ähm, ich weiß nicht, was ich sagen soll, die Bilder sind eigentlich, ACH SCHEISSE, RAMON! Was wollen Sie von mir?’
Die Reaktion von Ramons Gehilfen auf meinen Schrei rief mir lebhaft in Erinnerung, dass ich eigentlich nicht in der Position war, für zusätzliche Aufregung zu sorgen. Er griff nach meinen Haaren, verkrallte seine riesige Hand darin und stieß mir den Lauf noch fester gegen meinen Kopf.
‚Sorry, es… tut mir leid… ich wollte nicht…’
‚Nun, Marc? Die Bilder sind eigentlich was? Wollen Sie es mir erklären oder wollen Sie warten, bis ich sie selbst sehe?’
‚Okay, Ramon. Ich will versuchen, es Ihnen so zu erklären: Sie erinnern sich, ich hatte nach unserem ersten Shooting keinerlei Interesse, Paula je wieder zu sehen. Keine Ahnung, warum ich mich von Ihnen überreden ließ, es nochmals zu versuchen. Und dann taucht sie also wieder hier bei mir auf, völlig verändert.’
‚Und?’
‚Und! Was erwarten Sie von mir? Auch ich bin ihn erster Linie Mann, dann erst Photograph. Sie schicken mir des Teufels Gespielin hierher und glauben ernsthaft, dass ich ganz cool bleibe? Ich habe Ihnen sogar angeboten, bei den Shootings dabei zu sein, ich habe Sie gebeten, mein Team dabei haben zu dürfen, aber Sie wollten…’
Er unterbrach mich harsch.
‚Marc, haben Sie Paula gefickt?’
‚Um Gottes Willen, nein!’
‚Gut… es klang einen Moment lang so. Hat Paula versucht, Sie zu verführen?’
‚Nein, auch nicht…’ Mir brach der kalte Angstschweiß aus. Ich redete mich gerade um Kopf und Kragen, meine Situation erschien mir so absolut aussichtslos, dass ich versucht war, mit meiner Existenz abzuschließen. Wenn Ramon die Bilder zu sehen bekommen würde, war ich auf jeden Fall ein toter Mann. Und wenn ich mich weigerte, die Dinger rauszurücken, würde der Typ neben mir bestimmt abdrücken.
‚Was meinten Sie dann mit „in erster Linie Mann“ und „des Teufels Gespielin“? Marc, spannen Sie mich doch nicht so sehr auf die Folter! Sie sind nicht in der Situation, das zu tun, verstehen Sie?’
‚Ich, ähm, also… das Shooting ist ein wenig außer Kontrolle geraten. Sie hat mich nicht verführt, nicht aktiv, Paula war einfach die Verführung selbst, das können Sie auf den Bildern ja selbst sehen…’
‚Es war also Paulas Schuld?’
‚Neinnein, so kann man das keinesfalls sagen…’
‚Dann war es meine Schuld, weil ich euch beiden so sehr vertraut habe, dass ich Paula allein zu Ihnen schickte?’
‚Nein, auch nicht! Himmel, BITTE, Ramon! Sagen Sie Ihrem Gehilfen, er soll die Pistole von meinem Kopf nehmen, ich bin harmlos und werde nichts tun, was ich nicht tun sollte!’
‚Marc, der Mann neben Ihnen wird Ihnen ebenfalls nichts tun, solange ich ihm nicht entsprechende Anweisungen gebe. Versuchen Sie einfach nur ruhig zu bleiben und reden Sie mit mir, ganz so, als wären wir alleine, gut? Also, was genau ist da außer Kontrolle geraten, wie Sie es nennen?’
Meine schlimmsten Erwartungen waren Realität geworden. Ramon hatte mich an den Eiern wie noch niemand jemals zuvor.
‚Also gut. Es war definitiv meine Schuld. Ich hatte Drogen bei mir, während des Shootings. Irgendwo im Studio war Kokain aufgelegt, Paula hat das Zeug entdeckt und wollte auch was davon haben…’
‚Oh!’
‚Nein, eigentlich habe ich ihr gesagt, sie soll das Zeug nehmen…’ Ich beschloss, zu lügen. Vielleicht gab es wenigstens eine Chance, Paula sauber aus dem Schlamassel rauskommen zu lassen.
‚Ich, ich hab zu ihr gesagt, hey,… ALLE Models nehmen Drogen, ich wollte sie noch ein wenig auflockern, verstehen Sie?’
‚Ich kann Sie sehr gut verstehen, Marc! Ich weiß doch, wie das läuft…’
Er klang beinahe wieder versöhnlich, seine Stimmlage verlor an Ernst.
‚Also, und ich hielt ihr das Tablett quasi unter die Nase. Paula hatte mir gleich am Beginn gesagt, Sie hätten ihr aufgetragen, absolut ALLES zu tun, was ich von ihr verlangte und ich habe das wahrscheinlich ausgenutzt, okay? Es tut mir auch sehr leid, das war sehr dumm von mir.’
‚Sie haben ihr also befohlen, Drogen zu nehmen… Hat Paula denn versucht, sich zu widersetzen?’
‚Naja, JA, eigentlich schon! Sie sagte mir, dass Sie nichts von Drogen halten und dass es ihr nicht erlaubt wäre, etwas davon zu nehmen, aber ich habe sie trotzdem dazu überredet.’
‚Nun, wenn das so ist… Also hat sie schließlich eingewilligt?’
‚Es blieb ihr nichts anderes über. Ich drohte damit, das Shooting abzubrechen!’
‚Aber all das erklärt doch noch nicht die fehlenden Bilder, Marc!’
‚Hmm, nein, natürlich nicht. Also, Paula hat sich das Kokain reingezogen, es hat einfach alles gestimmt, Licht, Setting, es war ein perfektes Bild und so habe ich sie dabei photographiert. Und dann, dann waren wir also beide voll mit Koks. Keine Ahnung, ob Sie wissen, wie das Zeug wirkt, ich war völlig enthemmt, sie wahrscheinlich auch, und ich habe ihr gesagt,…’
Ich wusste, dass der entscheidende Moment in dieser Unterhaltung gekommen war. Ich versuchte, einen Blick auf das Gesicht des Typen links neben mir zu erheischen, aber der hielt mich immer noch mit eiserner Faust an den Haaren fest und zwang mich dazu, weiterhin in den Monitor vor mir zu starren.
‚… Ich habe Paula befohlen, mir ihre Brüste zu zeigen!’ Ich sprudelte den Satz nur so aus mir raus und schloss die Augen, in Erwartung eines Schusses, aber es passierte gar nichts. Totenstille. Luftleerer Raum. Vielleicht war ich schon tot? Aber nein, da war sie wieder, Ramons Stimme, und sie war eisig geworden.
‚Marc, Sie sind ein ganz und gar beschissener Lügner! Halten Sie mich wirklich für so dumm? Haben sie keine Sekunde daran gedacht, dass Paula mir vielleicht schon ihre Version der Geschichte erzählen musste?’
‚Ich, ich… was?’
‚Es ehrt Sie immerhin, dass Sie versucht haben, für Paula zu lügen. Aber sehr schlau war es trotzdem nicht. Und es hilft weder Ihnen noch der armen Paula!’
‚Was haben Sie mit ihr gemacht? Sie werden doch nicht…!’
‚Ich werde doch nicht was?’
‚Sie, Sie, hören Sie Ramon, jetzt ist der Spaß aber langsam vorbei! Ich will augenblicklich mit Paula sprechen, okay?’
‚Das tut mir sehr leid, Marc, aber Paula ist im Moment für niemanden zu sprechen, obwohl sie hier neben mir, nun, sitzt, und alles was Sie sagen mithören kann. Außerdem, was wollten Sie ihr denn sagen?’
Ein unglaublicher Zynismus ging von Ramon aus. Er hatte alle Fäden in der Hand, sogar solche, von deren Existenz ich bisher nichts geahnt hatte. Was war ich doch für ein Idiot gewesen, mich mit ihm einzulassen! Und was war ich für eine unglaubliche Null, dass ich die Situation so ganz und gar verschissen hatte.
‚Bitte, Ramon, tun Sie ihr nichts! Was immer Paula Ihnen erzählt hat, es war ganz allein MEINE Schuld, dass es so weit kam, wie es gekommen ist. Hätte ich das Koks nicht gehabt, es wäre nichts passiert! Meine Schuld, verstehen Sie?’
‚Beruhigen Sie sich, Marc! Noch ist niemandem etwas geschehen, was nicht wieder gut zu machen wäre. Noch sind wir alle ganz cool – vielleicht einmal abgesehen von dem kleinen Miststück hier neben mir, aber auch sie wird keine bleibenden Schäden davontragen. Wissen Sie, die Beziehung zwischen Paula und mir ist nicht gerade einfach zu erklären, aber wir sind beide Nutznießer und niemals nur Opfer! Paula wusste, was sie erwarten würde und glauben Sie mir, sie ist eine sehr intelligente Frau, die nur das tut, was sie vor sich selbst und vor mir vertreten kann, auch wenn es ihr manchmal schwerer fällt, als ihr lieb ist. Ich will mich nicht in Details verlieren, aber Ihre Sorgen sollten sich in Grenzen halten. Nebenbei, wie geht’s meiner DVD?’
Ich war wie gelähmt, paralysiert. Ich kapierte gar nichts, hoffte nur inständig, dass dieser Albtraum ein Ende finden würde. Irgendein Ende.
‚Die DVD… längst fertig!’
‚Gut, dann geben Sie das gute Stück meinem Mann! Und Sie sind auch ganz sicher, dass Sie kein Bild übersehen haben?’
‚Ganz sicher! Ich habe alles kopiert und werde die Originale jetzt sofort löschen! Versprochen!’
‚Nicht nötig, Marc!’
Der Typ neben mir ließ mich plötzlich los, bückte sich unter den Tisch vor mir und riss mit einer blitzartigen Bewegung den Rechner hervor. Der Monitor war augenblicklich tot, ein weiterer Ruck und die Kabel waren ab oder aus ihren Verankerungen gerissen. Ich sah nur noch, wie der Kerl die schwere Maschine quer durch den Raum hinaus ins Studio warf, die Kiste schlug auf und zerbarst in viele kleine Teile. Sekundenbruchteile später war er schon neben den Trümmern, fischte die DVD aus der ebenfalls herausgebrochenen Lade und trat dann auf den Resten meines Computers herum. Mir entkam ein spitzer Schrei, doch obwohl ich meine Bewegungsfreiheit wiedergewonnen hatte und nicht mehr das primäre Ziel des Henkers war, war ich doch nicht fähig, mich aus dem Stuhl zu erheben. Wozu auch, ich war vor Angst und Schreck gelähmt, meine linke Hand, taub und blutleer, fiel auf meine Oberschenkel herab, ich zitterte am ganzen Körper. Dann, nach ein paar Schrecksekunden, die mir vorkamen wie eine Ewigkeit, hörte ich Ramons Stimme wieder.
‚…sagen Sie mir einfach, was der Rechner gekostet hat, ich komme natürlich dafür auf. Ich hoffe, dass der entstandene Schaden nicht größer als beabsichtigt war. Sie machen doch regelmäßige Backups, oder etwa nicht?’
Langsam obsiegte mein aufkommender Zorn über meine Angst. Ich beschloss, Ramon zu hassen und schrie ein wenig unvorsichtig in das Telefon, was den Henker augenblicklich veranlasste, sich wieder mir zuzuwenden und von draußen auf mich zu zielen.
‚NEHMEN SIE IHRE SCHEISSFOTOS, STECKEN SIE SICH DIE DINGER QUER IN DEN ARSCH UND BLEIBEN SIE AUS MEINEM LEBEN!!! ICH HASSE SIE, ICH HASSE ALLES, WAS MIT IHNEN ZU TUN HAT!!!’
‚Wir hören uns wieder, wenn Sie sich beruhigt haben.’ Klick. Aufgelegt.
Ich warf das Telefon an die Wand neben mir, wo es zerschellte. Da erst wurde mir bewusst, dass Ramons langer Arm immer noch auf mich zielte. Ich drehte mich wieder in seine Richtung.
‚RAUS!!! VERPISS DICH, DU WICHSER!!!’
Er kam ein paar Schritte näher, aber das machte mir nichts mehr aus. Meine Angst war verflogen, ich suchte nach einer Möglichkeit, den Typen zu töten, mein Blut kochte. Aber ich merkte schnell, dass ich immer noch keine Kontrolle über meinen Körper hatte und dastand wie Lots Frau, die ihren Blick zurück zur Stadt gewandt hatte. Dann ein Raunen.
‚Du hast ja so ein Glück, dass Ramon deine Bilder mag… Wenn es nach mir ginge würdest du dich schon in den unglaublichsten Schmerzen winden und ich wäre noch längst nicht fertig mit dir. Aber warte es ab, ich werde Ramon jetzt DAS hier zeigen, und dann werden wir uns wieder sehen, denke ich!’
Er hielt die DVD hoch, steckte sie dann in sein Sakko, machte am Absatz kehrt und verließ das Studio. Ich taumelte zurück zu meinem Stuhl, ließ mich fallen und begann zu weinen.
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Mira schaffte es, gleichzeitig Sturm zu klingen und mir meine Haustür halb einzutreten. Ich war nach Hause gefahren und hatte sie von dort aus angerufen und gebeten, so schnell wie möglich zu mir zu kommen. Als ich die Tür öffnete, sie fiel mir um den Hals, küsste mich wie eine Verrückte.
‚Marc, Baby, alles okay? Lass dich ansehen, hat man dich verletzt?’
‚Nein, nur an den Haaren gezogen. Und ich schätze mal, dass ich in nächster Zeit nicht sonderlich gut schlafen werde, aber davon abgesehen,…’
‚Oh Gott, Marc, worauf hast du dich da eingelassen! Okay, komm mit! Hast du Kaffee gekocht?’
Sie nahm mich an der Hand wie ein kleines Kind und zog mich hinter ihr her. In der Küche angekommen drückte sie mich auf die Bank.
‚Du tust jetzt erst einmal gar nichts, sondern erzählst mir in aller Ausführlichkeit die Geschichte. Und zwar ALLES und von Anfang an!’
‚Das wird mir nicht ganz leicht fallen, so wie du schon wieder aussiehst!’
Tatsächlich. Da stand sie, hantierte mit der Kaffeemaschine, öffnete eines der oberen Regale in meiner Küche und stand dabei auf den Zehenspitzen. Stimmt nicht, sie balancierte dabei auf den Plattformen ihrer extrem hohen Riemchenschuhe. Alles, was sie trug, war ein halb durchsichtiges Wickeltop, weit genug ausgeschnitten, um ihre wunderschönen, festen und durch einen Pushup gut zur Geltung gebrachten Titten kein bisschen zu verstecken. Dann kam längere Zeit nichts außer ihrem Nabelpiercing und dann ein kurzer, hm, Rock. Nein, mehr ein Arschbedecker, aber als sie nach den Tassen in dem Regal über ihr griff, hatte das Ding keine Chance mehr. Die Ansätze ihrer Arschbacken, überspannt mit superdünnem, hautfarbenem Nylon waren deutlich zu sehen.
‚Du Irrer!’, meinte sie ein wenig schnippisch, als sie sich wieder zu mir umdrehte, ‚Du hast dich mit deiner zu stark ausgeprägten Libido gerade fast um Kopf und Kragen gebracht und alles, was dir jetzt einfällt, ist mir auf den Arsch zu starren? Vielleicht solltest du mal kalt geduscht werden, mit dem Gartenschlauch in einer Gummizelle!’
Sie stellte die beiden gefüllten Tassen vor mir auf den Tisch und versuchte dann, den Rock wieder in eine angemessene Position zu zerren, was angesichts der Ausmaße des Textils fast schon lächerlich wirkte.
‚Gib dir keine Mühe, mein Mädchen, du solltest eigentlich nie auf die dumme Idee kommen und mir eine Moralpredigt halten. So wie du aussiehst, bist du gerade von einem Pornoset hierher gekommen.’
‚Schwein! Ich komme gerade von Ruth…’
‚Na, sag ich doch! Ruth und du, da könnte man wahrscheinlich jederzeit eine Kamera mitlaufen lassen!’
‚Was sagst du da? Halluzinierst du?’
Ruth war eine ehemalige Studienkollegin von Mira. Nach Jahren ohne Kontakt zwischen den beiden war sie vor etlichen Monaten plötzlich wieder aufgetaucht und binnen kürzester Zeit zur besten Freundin avanciert. Jedesmal, wenn ich die beiden am Telefon erleben durfte, hätte ich mir am Liebsten vor Scham die Ohren zugehalten. Ruth war sehr gut aussehend, wusste das und nutzte ihren Körper schamlos aus. Laut Mira fickte sie Männer wie andere sich die Zähne putzen. Und jeder Zahnarzt dieser Welt empfiehlt dreimal täglich. Langsam hegte ich den Verdacht, dass ihre Wirkung auf Mira sehr rasch intensiver wurde, als reine Freundschaft das vermocht hätte. Da war was, ich wusste es, nur noch nicht genug…
‚Gar nicht, mein Mädchen, nur so ein… blöder Gedanke!’
‚Ach, ich gebe es auf mit dir. So, bist du jetzt zufrieden?’
Sie setzte sich auf den Stuhl vor mir, stellte ihre Beine so weit auseinander, dass mir nicht verborgen bleiben konnte, was da zwischen ihrer nahtlosen Strumpfhose und dem weichen Fleisch ihrer Möse war, nämlich nichts.
‚Und jetzt REDE endlich! Was ist das für eine Geschichte zwischen Ramon, Paula und dir?’
‚Hm, das Wesentliche weißt du ja. Da gibt es nicht mehr viel zu erzählen. Und was sich heute abgespielt hat, glaubst du mir ohnehin nicht…’
Wir waren bei der zweiten Tasse Kaffee angelangt, als ich zum Ende meiner Geschichte kam. Mira hing an meinen Lippen, ungläubig dachte sie nach.
‚Wow! Was für eine Scheiße! Lass mich überlegen… Ramon weiß eigentlich alles über dich, nicht?’
‚Davon ist auszugehen. Wahrscheinlich weiß er auch, wo ich wohne und wer du bist.’
‚Na toll! Was mach ich jetzt? Auswandern?’
‚Nein, du hast dir ja noch nichts zu Schulden kommen lassen, was sollte er von dir wollen?’
‚Naja, wäre ich ein Mann, dann würde ich vielleicht sagen, du nimmst meine Frau, ich nehme deine Frau…’
‚Shit, Mira, nur gut, dass du kein Mann bist…’
‚Aber eigentlich bedeutet das, dass du jetzt nur abwarten kannst, was Ramon sagen wird, nachdem er die Bilder gesehen hat.’
‚Ich nehme an, das ist schon längst passiert. Eigentlich warte ich sekündlich darauf, dass das Telefon klingelt.’
‚Aber hast du das Ding nicht an die Wand geschmissen?’
‚Die Sim-Karte war noch ganz und ich habe mein altes Telefon wieder aktiviert. Ich bin erreichbar.’
‚Was willst du tun? Ich würde die Geschichte nicht einfach aussitzen. Willst du nicht die Bullen rufen?’
‚Und was sollte ich denen sagen? Dass ich eine kleine Koksparty mit der Frau eines verrückten Unbekannten hatte, nachdem er mir so viel Geld schwarz bezahlt hat, dass die Steuer mich dafür einbuchten lassen könnte und ich jetzt Hilfe brauche, weil er mich bedroht? Die lachen sich doch tot über die Geschichte und behalten mich gleich dort!’
‚Hm, stimmt. Und wenn du für eine Weile verschwindest? Ich meine das ernst, vielleicht solltest du einfach abtauchen und Gras über die Sache wachsen lassen.’
‚Das wird nicht funktionieren. Ramon gehört wahrscheinlich eher nicht zu der Sorte Mensch, die Dinge vergessen und vor allem, vergeben können. Nein, ich bleibe jetzt einfach ganz ruhig. Wenn sein Henker wieder auftauchen sollte, kann er was erleben. Ich habe meine alte Glock aus dem Keller geholt, sie gereinigt und geladen. Der wird es nicht noch einmal so leicht haben.’
‚Spinnst du? Was willst denn du mit einer Knarre? Glaubst du wirklich, du könntest es mit einem Profikiller aufnehmen?’
‚Profi hin oder her, ich erwarte ihn, er muss vorsichtig sein, ich bin es schon. Der Überraschungseffekt ist diesmal auf meiner Seite, glaube mir.’
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Uns blieben zwei volle, qualvoll lange Tage für den Nachdenkprozess. Mira stellte eine Fluchtroute zusammen, mit falschen Identitäten und allem denkbaren James-Bond-Krimskrams. Sie wurde unheimlich kreativ und ich begann mich zu fragen, ob sie nicht selbst einen kriminellen Hintergrund hatte. Könnte doch sein: vielleicht war meine überaus nette Assistentin in Wahrheit die Anführerin einer Bande männermordender Superlesben? Während dieser zwei Tage wurde mir immer mehr bewusst, wie gefährlich die Geschichte für uns beide, Mira eingeschlossen, werden konnte. Am Ende hatte sich Paula verplappert und doch erzählt, dass Mira die Koksidee hatte. Aber wie sollte sie das tun? Hat sie nicht betont, dass sie Ramon nicht ansprechen darf? Andererseits, ich wusste auch nicht, wie geschickt Ramon in seinen Verhörmethoden war, immerhin hatte er am Telefon erwähnt, dass Paula ihre Version der Geschichte schon erzählen „musste“. Hinter diesem Satz verbargen sich demnach zwei Fragezeichen. Und das waren zwei zu viel.
Dann kam uns in den Sinn, was er Paula wohl angetan haben mochte. Wir steigerten uns in immer neue Schreckensszenarien und ich ertappte mich dabei, dass mir selbst die harmloseren unserer definitiv schmutzigen, brachialen Ideen Stiche ins Herz versetzten. Ich hatte Angst um Paula, ertrug Miras Foltersequenzen nur durch innerliches Weghören. Damit stellte sich für mich natürlich wieder die Frage, was das für ein Gefühl zwischen mir und Paula war, dort im Studio, am Rande eines durch eine unsichtbare Drohung verhinderten Exzesses. Die Bilder waren der Beweis für mich: konzentrierte Lust, wie gezapft aus Aphrodites schleimiger Möse, verpackt im Gralskelch und mit Drogen aus dem Himmelreich gut durchsetzt eiskalt serviert. Gerührt und geschüttelt. Ich hätte die Schlampe dort doch in Wahrheit in Grund und Boden gefickt, wenn der Fahrer nicht an meine Tür gehämmert hätte. Ihr meinen Samen wie Peitschenhiebe ins Gesicht gewichst, nachdem ich sie minutenlang in ihre durch die Wirkung des Kokains noch enger gewordene Kehle gefickt hätte, sie würgend vor mir kniend. Ich hätte ihren Arsch benutzt, nur um mich daran gütlich zu tun, wie sehr ich sie damit über ihre Grenzen hinaus stoße, mein Prügel in ihrem Arschloch wie ein Dampfhammer, ihren Schmerz suchend. Würde Paula sich in den Arsch ficken lassen?
Wow. Mira hatte Recht, ich war besessen. Und deshalb in allergrößter Gefahr.
Dann endlich, als wir beide schon nicht mehr damit gerechnet hatten, kam der Anruf. Ich saß auf Miras Couch, sie duschte gerade. Wir wollten unsere „letzten Tage“, wie Mira es nur noch nannte, so cool wie möglich über die Bühne bringen und fickten uns die Seele aus dem Leib. All das sollte jetzt vorbei sein, dachte ich, als das schrille Läuten meines Telefons mir wie eine heiße Nadel ins Hirn drang. Unbekannter Anrufer…
‚Ja? Hallo?’
‚Ich habe die Bilder gesehen.’
Nichts. Kein Geräusch mehr, so als würde Ramon meine Reaktion sehen können. Keine Atmung, keine Bewegung, nichts. Als hätte eine Automatik den Pegel gesenkt. Ich ließ meine Blicke panisch durch Miras Loft fliegen, auf der Suche nach dem Schatten, der nicht hierher gehörte.
‚Ja?’, fragte ich, kaum hörbar, zu Tode verängstigt.
‚Hervorragend.’
‚W-was???’
‚Genau das, was ich wollte. Und sie wollten partout nicht damit rausrücken, Marc! Warum nicht?’
Alles an mir erschlaffte. Ich griff mit der zweiten Hand an das Telefon, weil ich außerstande war, es mit nur einer zur halten. Ich fiel seitlich auf die Couch, drehte mich auf den Rücken und fragte nach.
‚Wie bitte? Ich verstehe – nicht,…’
‚Sie müssen auch nichts verstehen. Ich will es einmal so sagen: sie haben über Gebühr geliefert, auf eigenes Risiko, sozusagen. Ich bewundere Ihren Mut! Aber wer bin ich, dass ich nicht zugeben würde, etwas in der Richtung im Kopf gehabt zu haben, als ich über die Idee mit den Photos nachdachte.’
‚Ich verstehe noch immer nicht. Wollen Sie sagen…’
‚Hören Sie endlich auf, verstehen zu wollen! Sie haben mich doch darüber belehrt, dass Sie zuerst Mann und dann Photograph sind, bei aller gebotenen Professionalität. Ich habe Ihnen mein Pferd überlassen, Sie haben es geritten. Ich will ehrlich mit Ihnen sein: ich hatte das Zielphoto dieses Ritts schon klar in Gedanken gefasst, aber nicht bei Ihnen bestellt. Umso verwunderlicher für mich, dass ich jetzt feststelle, dass mir Ihre Arbeit als Jockey gefällt, nicht wahr, Marc?’
‚Jjja, bestimmt… Vor allem für mich!’
Mein Körper hatte aufgehört zu zittern, meine Stimme hatte ich auch wieder gefunden, aber ich wartete immer noch auf die Katastrophe, darauf, dass jemand plötzlich hinter mir auftauchen und mir eiskalt eine Kugel in den Kopf jagen würde.
‚Finden Sie nicht auch, dass meine und vor allem Paulas Bemühungen stark gefruchtet haben?’
‚Absolut, sie war hervorragend und ich habe sie das auch wissen lassen!’
‚Hmm, sehr gut! Sie haben Paula richtig in Wallung gebracht. Mir wurde durch die Photos wieder einmal klar, was für ein Goldstück ich da gefunden habe. Was meinen Sie, könnte man da noch mehr rausholen?’
‚Auf, auf jeden Fall – sie ist eine Höchstbegabte!’
‚Denken Sie, Paula würde sich als Fetischmodel eignen?’
‚Kommt drauf an, an was Sie dabei denken… aber rein äußerlich hat sie alles, was man dafür braucht.’
‚Ein umwerfender Körper, nicht? Haben Sie sich vorgestellt, wie es wäre, noch mehr von ihr zu sehen? ALLES zu sehen?’
‚Ich habe alles gesehen, was ich sehen musste. Ich hoffe, das hat keine negativen Konsequenzen für mich, aber ich stimme Ihnen natürlich zu. Paula ist die Sünde selbst.’
‚Nein, keine Sorge!’
Er lachte! Ramon lachte kurz auf! Ich traute meinen Ohren nicht. Wollte er mich verwirren? Spielte er mit mir? Da öffnete sich plötzlich die Tür des Badezimmers am anderen Ende der Halle und Mira kam heraus, in der Bewegung ein zu kleines Handtuch um ihre Hüften schlingend.
‚Marc? Alles okay?’, meinte sie, als sie mich da seltsam verrenkt auf der Couch liegen sah.
‚Okay, okay, das beruhigt mich ein wenig, Ramon!’
Ich sprach seinen Namen ein wenig lauter aus, in Richtung Mira, die ein Stück auf mich zugekommen war und schon bei der ersten Silbe einfror.
‚Sie sollten beruhigt sein. Vergessen wir, was da letztens bei Ihnen im Studio passiert ist, gut? Ich war nur ein wenig wütend auf Sie, und ich rechne mit Ihrem Verständnis. Vergeben und Vergessen, okay?’
‚Völlig okay für mich, Ramon!’
Mira hatte sich in der Zwischenzeit an mich herangeschlichen und kam mit ihrem Ohr ganz nahe an das Telefon heran. Das machte mich nervös und ich schob sie unsanft von mir weg. Sie kniete sich neben die Couch, zwischen meine Beine und starrte mich mit offenem Mund an.
‚Marc, sie scheinen eine gewisse Wirkung auf Paula zu haben. Sie hat mir viel über Sie erzählt! Ich glaube, verstanden zu haben wie Sie ticken.’
Es platzte einfach so aus mir raus, ich bereute sofort.
‚Ich dachte, Paula könne Ihnen nichts erzählen…’
Aber Ramon blieb ruhig, sachlich. Ich bildete mir ein, ein Close-up von seinem Mund sehen zu können, strenge, schmale Lippen, die in ein dunkles, glänzendes Bakelittelefon sprachen.
‚Sie meinen, wenn ich Paula verbiete zu sprechen, dann wäre keine Konversation mehr möglich?’
‚Ja, ja… Paula hat mir davon erzählt, dass sie nicht mit Ihnen sprechen dürfe.’
‚Keine Sorge, ich habe Paula Mittel und Wege zur Verfügung gestellt, dennoch mit mir kommunizieren zu können. Und sie hat geplaudert wie ein Wasserfall.’
Wieder Pause. Der Mann wusste zu taktieren. Ein Krimi lief in meinem Kopf ab.
‚Ach… ’, war wahrscheinlich das Dümmste, was mir einfallen konnte.
‚Paula hat mir sogar erzählt, dass sie beinahe die Kontrolle über sich selbst verloren hätte, da im Studio mit Ihnen. Sie hätte sich beinahe angepisst, wussten Sie das?’
‚Äh, nein!’
‚Sehen Sie? Ich weiß mehr als Sie, und das, obwohl sie nicht mit mir reden kann!’
‚Was haben Sie mit Paula gemacht?’
‚Was hätte ich denn tun sollen?’
‚Ich weiß nicht… ich, Sie haben ihr doch nicht wehgetan?’
Und wieder lachte Ramon. Ohne jede Häme, ein beinahe kindliches Lachen war es, das mich da um den Verstand brachte.
‚Marc, wofür halten Sie mich? Für einen Folterknecht? Eine Frau wie Paula können Sie nicht mit Gewalt und gegen ihren Willen behalten! Paula ist freiwillig bei mir und ich wäre der Letzte, der ihr dafür wehtun würde! Ich verdanke dieser Frau fast alles, was in meinem Besitz Bedeutung hat. Auch Sie haben ihr nicht wehgetan, als Sie an ihren Nippelringen gezogen haben. Oder hatten Sie einen anderen Eindruck?’
‚Nein, nicht wirklich…’ Ich wäre am liebsten vor Scham im Erdboden verschwunden.
‚Na, vielleicht ein bisschen. Aber haben Sie nicht auch darüber nachgedacht, dass Paula vielleicht auf so etwas stehen könnte? Vielleicht gefällt es der Schlampe ja, wenn man sie ein wenig rauer anfasst!’
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